Eingriffe ins Kopfkino

Mit Eventpsychologie mehr Effizienz bei Veranstaltungen

Eventmanager von heute sind nicht nur Projektmanager, Einkäufer:innen, Buchhalter:innen und Vertriebler. Sie müssen mit ihren Events auch Emotionen erzeugen, Informationen und Botschaften nachhaltig im Gedächtnis verankern oder Begehrlichkeiten für ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung wecken. Kenntnisse aus der Eventpsychologie können da hilfreich sein.

Gesicht_Hirnleistungen(Bild: Pixabay)

Viele Eventmanager sind überrascht, wenn vor, während und nach der Veranstaltung die beabsichtigte Wirkung nicht eintritt. Die Lösung liegt meist darin, dass zwar jeder in Abhängigkeit seiner oder ihrer Sozialisation, Erfahrung und der Fähigkeit zur Empathie in der Lage ist, zu erahnen, wie bestimmte Elemente der Dramaturgie wie Künstler:innen, Licht oder Catering wirken. All das beruht jedoch meist auf Annahmen und somit auf sogenannter Alltagspsychologie. Tiefergehende Kenntnisse der wissenschaftlichen Psychologie des Menschen helfen dabei, Events wirkungssicherer zu konzipieren und Veranstaltungs-Budgets nicht zu verschwenden.

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Psychologie wird gemeinhin als Erfahrungswissenschaft beschrieben, deren Gegenstand menschliches Erleben und Verhalten sind. Unter Berücksichtigung der Zielstellung einer Veranstaltung, bestimmte Kommunikationsbotschaften erlebbar zu machen, kann unter Event-Psychologie “die interdisziplinäre Anwendung psychologischer und neurologischer Erkenntnisse zur Erreichung der kommunikativen Zielsetzungen eines Events verstanden werden.” (Ronft, 2013, S. 90). Dabei sind vor allem die Disziplinen Allgemeine Psychologie, die Biologische Psychologie, die Persönlichkeitspsychologie, die Sozialpsychologie sowie die Entwicklungspsychologie von Bedeutung.

Die Grundlagen – Psychologie und Event-Psychologie kurz erklärt

  • Allgemeine Psychologie: Wahrnehmung, Gedächtnis, Lernen, Denken, Problemlösung und Entscheidungen, Sprache, Motivation und Emotion
  • Biologische Psychologie: neurobiologische Prozesse zur Erklärung menschlichen Erlebens und Verhaltens
  • Persönlichkeitspsychologie: Persönlichkeitsunterschiede und individuelle Besonderheiten von Menschen in unterschiedlichen Teildisziplinen
  • Sozialpsychologie: allen Menschen gemeinsame psychische Prozesse, mit denen sie auf soziale Einflüsse reagieren
  • Entwicklungspsychologie: Veränderungsprozesse über die Lebensspanne

Ausgewählte Disziplinen und ihre Schwerpunkte, Quelle: Eisermann et al., 2014.

Das S-O-R-Paradigma

Eine Theorie zur Erklärung menschlichen Verhaltens ist das S-O-R-Paradigma (Stimulus-Organismus-Reaktion). Es wird davon ausgegangen, dass ein gesetzter Reiz im Gehirn des Teilnehmenden verarbeitet wird und zu einer Reaktion führt. Das bekannte Logo des veranstaltenden Unternehmens (Reiz) wird vom Teilnehmenden wahrgenommen, verarbeitet (Organismus) und führt dazu, dass das idealerweise positiv verlaufende Event mit dem Unternehmen in Verbindung gebracht wird. Die gelungene Veranstaltung trägt dazu bei, das Image des Unternehmens bei den Teilnehmenden zu steigern (Reaktion).

Nervenverbindungen_Neuronen(Bild: Pixabay)

Die Grundvoraussetzung dafür ist jedoch, dass die Reize bzw. dramaturgischen Elemente des Events auch von den Besucher:innen idealerweise positiv wahrgenommen werden. Die Wahrnehmung und dementsprechend das Erleben hängen dabei maßgeblich von der Kultur, der Erziehung, der Gesellschaft, aber auch von der inneren Gestimmtheit ab.

Das Gehirn verarbeitet dabei lediglich Reize, die es als lohnenswert erachtet. Sprich: Die Teilnehmenden nehmen ihre Umwelt stets gefiltert wahr und konstruieren dementsprechend ihre Wirklichkeit permanent selbst. Aus diesem Grund erscheint es umso wichtiger, vor allem bei heterogene Zielgruppen auf einer Veranstaltung unterschiedliche Reize zu setzen, um die Wahrnehmungs- und dementsprechend die Erlebenswahrscheinlichkeit zu erhöhen. Daraus ergibt sich eine Vielzahl von Möglichkeiten das Verhalten der Teilnehmenden zu lenken und das Erleben zu steigern.

Eine Auswahl soll hier nun vorgestellt werden:

  1. Ereignis
    Ein Gedanke, eine Erinnerung, eine körperliche Zustandsänderung lösen ein Gefühlserlebnis aus.
  2. Ereigniskategorie
    Einordnung des Ereignisses in bestimmte Kategorien. Dies ist abhängig davon, mit welchen Attributen das Ereignis (Lob, Beleidigung) je nach Kultur und Sozialisation belegt ist.
  3. Ereigniseinschätzung
    Einschätzung des Ereignisses unter Berücksichtigung der subjektiven Deutungen. Dies ist durch das persönliche Wertesystem der Person bestimmt. Als die bedeutendsten gefühlsrelevanten Werte gelten “Wohlbefinden” und die “Bewältigung des auslösenden Ereignisses”.
  4. Physiologisches Reaktionsmuster
    Körperliche Reaktion durch beispielsweise Herzklopfen, Schwitzen, Erröten.
  5. Veränderung der Handlungsbereitschaft
    Diese äußert sich vor allem, wenn konkrete Handlungsziele wie Wohlbefinden oder die Bewältigung des Ereignisses im Vordergrund stehen. Es ist aber auch möglich, dass kein konkreter Handlungsbezug entsteht, sprich, es gibt keine Handlung auf das Ereignis.
  6. Emotionales Verhalten
    Vor allem die Mimik, Stimme, Gestik, Haltung, der Gang usw. kann das Gefühlserleben begleiten oder diesem nachfolgen.
  7. Regulation der Gefühlszustände
    Diese kann zur Hemmung oder Unterdrückung sowie zur Steigerung von Erleben und Ausdruck führen.

Wie Emotionen entstehen, Quelle: In Anlehnung an Mesquita/ Frijda, 1992, S. 180 und Ulrich/ Mayring (2003), S. 46f.

Emotionen als Wahrnehmungslenker

Emotionen organisieren und motivieren das menschliche Verhalten. Der amerikanische Hirnforscher Joseph LeDoux (2003) sagte einst:

“Emotionen sind mächtige Motivatoren künftigen Handelns. Sie bestimmen ebenso den Kurs des Handelns von einem Moment zum nächsten, wie sie die Segel für langfristige Ziele setzen.”

Emotionen bilden die Grundlage für Gefühle und dementsprechend bilden Interesse, Wut, Angst, Trauer und Freude die Grundlage für Gefühlsvarianten wie Begeisterung, Langeweile, Sorge oder Empörung. Forschungen belegen, dass diese Emotionen kulturell gleich ausgeprägt sind und durch Mimik als gleiche Emotionen identifiziert werden können. Es ist ebenfalls unbestritten, dass Emotionen evolutionsbiologisch das Überleben sichern. Bereits das Neugeborene signalisiert durch ein Lächeln und Strampeln der Mutter Freude über deren Erscheinen oder das Anbieten von Nahrung. Das Neugeborene sichert somit das Überleben und die Existenz.

Emotionen als evolutionsbiologisch verankertes Grundgefühl in Form von Wut, Trauer, Freude, Angst und Interesse bilden somit die Basis für Gefühle, die sich durch affektiv-kognitive Interaktionen äußern. Neben der Psyche beeinflussen Emotionen stets eine körperliche Reaktion. Gelingt es Eventmanagern also Emotionen zu wecken, steigt die Wahrscheinlichkeit der Wahrnehmung, Informationsverarbeitung und der gewünschten Reaktion.

Veranstaltungen als Lehr-Lern-Prozess

Veranstaltungen verfolgen das Ziel, dass die Teilnehmenden bestimmte Botschaften und Informationen wahrnehmen, verarbeiten und nachhaltig im Gehirn verankern. Aus diesem Grund gehen Events stets mit einem Lehr-Lern-Prozess einher.

Emotionen dienen durch die Verbindung von kognitiven und affektiven Komponenten als Basis für Lehr-Lern-Prozesse. Sie sind Auslöser für Affekte und somit essenziell für die sich daraus bildenden kognitiven Strukturen und Gedächtnisspuren. Der Mensch behält Emotionen und damit einhergehende Affekte, die im Laufe seines Lebens erlernt wurden, langfristig im Gedächtnis. Vorsicht, Entspannung sowie gespannte Aufmerksamkeit und die dazugehörigen körperlichen Reaktionen werden bei dem jeweils selben Erlebnis “quasi reaktiviert”.

Diese integrierten Fühl-, Denk- und Verhaltensprogramme können dabei sowohl elementare reflexartige Abläufe (wie der Saug- oder Greifreflex beim Säugling) bis hin zu hochkomplexen Verhaltensweisen mit zahlreichen Abwandlungsmöglichkeiten und Freiheitsgraden sein. Diese entstandenen Verbindungen sind nicht starr, sondern können im Verlauf des Lebens umstrukturiert und auch neugebaut werden. Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass je stärker und früher Menschen in bestimmter Art und Weise geprägt wurden, desto stabiler das daraus resultierende Programm ist.

Diese Affektfärbungen werden durch die immerwährende Bestätigung der persönlichen Relevanz zu Affektkomponenten und beeinflussen maßgeblich bewusst oder unbewusst das menschliche Handeln und somit den Lehr-Lern-Prozess. Die sich daraus ergebende Konsequenz ist, dass Veranstaltungsbotschaften umso eher gelernt werden, je besser ein Eventmanager die Knöpfe kennt, die er bei den Teilnehmenden drücken muss.

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Es ist schön zu sehen, wie sich das Thema in den letzten Jahren entwickelt hat! Gerade für die aktuellen Herausforderungen eines Neustarts von Live-Events und zusätzlichen hybriden und digitalen Veranstaltungsformaten, ist eine wirkungsorientierte psychologische Betrachtung des Eventmanagements wichtiger denn je! [Link entfernt, Anmerkung der Redaktion]

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    1. Und im Herbst finden bei der Internationalen Event- und Congress-Akademie auch wieder Seminare und Web-Seminare rund um das Thema statt, um es noch weiter zu verbreiten: [Link entfernt, Anmerkung der Redaktion]

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